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Karte

Vulcano: Monte Saraceno und Valle Roia
04.05.2002

Schlechtes Wetter

Dunkle Wolken verhüllen den Monte Guardia als wir aufstehen. Nicht grad tolle Aussichten, aber immerhin spitzt hin und wieder die Sonne durch. Beim Frühstück wird es ein wenig heller.

Dass wir bei jedem Wetter losziehen ist keine Frage und wohin habe ich uns auch schon ausgesucht: Wir fahren nach Vulcano, besteigen den Monte Saraceno und begucken uns das Valle Roia. Seit ich den wüsten Abbruch der Hochebene von Piano gesehen habe, will da hin.

Am Hafen ist es ziemlich leer und wir schaffen es wie beim letzten Mal, die frühere Fähre zu erwischen. Auf Vulcano ist es entsprechend leer. Wir sind die einzigen Touristen, die dort aussteigen.

Nebel auf dem Monte Saraceno

Auf den Monte Saraceno

Zunächst müssen wir eine gute halbe Stunde auf der Strasse entlang laufen. Da kaum Autos unterwegs sind, ist das weniger schlimm, als wir befürchtet hatten. Die vielen Rhododendren, Ginster und Blumen verschönern den Marsch beträchtlich. Schade nur, dass erst wenige Rhododendron-Büsche blühen.

Als wir von der Strasse abbiegen, laufen wir auf einem Sandweg, der über und über mit Kaninchenspuren überzogen ist. Hin und wieder sehen wir eines eilig verschwinden.

Auf dem Grat zum Monte Saraceno wird es windig und kühl. Und neblig - wir haben die untere Grenze der Wolken erreicht. Der Nebel wird sehr schnell sehr dicht. Als wir auf dem Gipfel stehen sehen wir von der gerühmten Aussicht wenig. Um uns herum ist alles weiss und alles an uns tropft.

Abstieg

Wir steigen auf der gegenüberliegenden Seite ab. Kaum sind wir aus dem Nebel raus, scheint die Sonne und es wird angenehm warm. Wir werfen einen letzten Blick zum Monte Saraceno hoch und glauben es kaum: der Gipfel liegt in schönstem Sonnenschein. Von Nebel und Wolken keine Spur. Pfff!

Nochmal hinauf steigen wollen wir aber nicht und so machen wir uns auf dem Weg zum Valle Roia. Dazu müssen wir erst mal zum Fuss des Gran Cratere absteigen. Der Weg durch die Machia geht laut Karte in der letzten Kurve der Strasse ab. Nicht zu übersehen und deutlich markiert geht hier tatsächlich ein breiter Pfad weg und führt uns nah unten. Es muss eine Trial-Route oder sowas sein, denken wir, denn obwohl der Pfad über losen Lavasand geht, sind Reifenspuren zu sehen.

Das Valle Roia Unten im Tal sehen wir den Grund für die Markierungen. Vor kurzer oder langer Zeit hat hier die 'Red-Bull-MTB-Challenge' statt gefunden. Aha, deswegen liegen hier so viele leere verdellte Dosen herum. Eine clevere Werbe-Strategie.

Irrwege

Ab hier können wir der Beschreibung im Führer folgen. Müssen wir auch, denn in keiner unserer beiden Karten ist ein Weg ins oder im Valle Roia eingezeichnet. Auf Anhieb finde ich die Stelle, wo sich der Talweg in 3 kleinere Wege aufspaltet. Wir folgen dem mittleren Weg bergauf. Die weitere Beschreibung im Führer will aber so gar nicht mit dem Führer übereinstimmen, so dass wir denken, das mit den 3 Wegen muss Zufall gewesen sein. Wir gehen zur Abzweigung zurück.

Kurze Tests des rechten und des linken Weges führen ins Nichts - also direkt in die Macchia. Die beschriebene Abzweigung muss weiter vorn gewesen eins, denken wir uns und gehen ein Stück zurück. Nein, die Abzweigung war schon die richtige. Wir müssen etwas in der Interpretation des Geländes falsch gemacht haben. Wir stapfen wieder den mittleren Weg bergauf.

Wir laufen hin und her (ich bin schon so frustriert, dass ich sofort aufgegeben hätte) und finden dann tatsächlich unter Zuhilfenahme all unserer Fantasie bei der Bewertung der Beschreibung und durch Ralles bemerkenswerte Hartnäckigkeit den Weg ins Valle Roia hinab. Der Abstieg allein obwohl nicht weit - ist schon ein Erlebnis für sich.

Zunächst müssen wir auf einen 'Weg' abzweigen, der nur daran zu erkennen ist, dass 4 Zistrosenbüsche ein wenig weiter auseinander stehen - so wie unzählige andere Mal am Rand des Weges eben. Dann ist vor allem Fantasie gefordert. Der 'Weg' schlängelt sich unsichtbar im Zickzack durch die Zistrosen.

Ralle wird seiner Aufgabe als unser Pfadfinder hervorragend gerecht. Irgendwie schafft er es immer wieder, das richtige der Löcher zwischen den Büschen zu finden und durch den richtigen Busch hindurch zu steigen. Ich (Navigator) korrigiere von hinten hin und wieder grob die Richtung (Wir müssen mehr nach links. Wir müssen da unten rauskommen.). Nachdem wir ein letztes Hindernis in Form eines Brombeerbusches überwunden haben, stehen wir tatsächlich im Valle Roia.

Endlich im Valle Roia

Es ist nicht leicht zu erkennen, aber hier unten gibt es wirklich einen Pfad. Wir folgen ihm in Richtung Meer und sind von der Lieblichkeit des Valles begeistert. Weiches Gras und viele Blümchen schmücken den Boden des Valle. Zistrosen gibt es nur vereinzelt, was ich erfreut zu Kenntnis nehme.

Die Büsche sind zwar nicht stachelig, aber ihre klebrigen rauen Blätter vertragen sich nicht mit meiner Lieblings-Hose. Sie bleiben daran hängen. Meine Beine sehen aus, als sei ich ein wandelnder Zistrosen-Strauch.

Das Valle ist hier oben zwar idyllisch, aber scheinbar nicht ganz ungefährlich. Wir kommen an verschiedenen Schafen und Ziegen in unterschiedlichen Zerfallstadien vorbei. Wahrscheinlich sind die Tiere abgestürzt und dann hier verendet. Manche konnten sich wohl noch zu einem Schutz schleppen, wie eine sehr trockene Ziege (?) in einer Uferhöhle beweist.

Ziege

Valle Roia Weiter unten wird das Valle immer abenteuerlicher. Die Wände rücken immer näher zusammen und die Vegetation wird angriffslustig. Keine Zistrosen diesmal, aber Brennesseln und Kletten-Pflanzen. Und Brombeeren.

Versperrt

Zuerst müssen wir nur den einen oder anderen Ast vorsichtig aus dem Weg drücken, dann aber stehen wir vor einem undurchdringlichen Brombeerverhau, der das gesamte Valle (hier etwa 2 Meter breit) zugewachsen hat. So ziemlich jedenfalls. Unten links könnte man durchkrabbeln, wenn man irgendwie die herabhängenden Ranken aus dem Weg brächte.

die Machete 'Gib mir mal die Machete!', fordert mein niemals aufgebender Begleiter. Die Machete? Ach so! Ich reiche ihm das kleine Taschenmesser, das eigentlich zum Brotzeit machen gedacht war. Geduldig säbelt er die Ranken ab und dann krabbeln wir durch. Wir müssen noch 3 weitere Brombeerverhaue durchsäbeln und einen halben Baum aus dem Weg räumen, dann sind wir endlich am Meer.

Nunja, fast jedenfalls. Das Meer ist horizontal knapp 20 Meter von uns entfernt. Wir sehen es türkis leuchten und können es riechen. Vertikal sind wir aber locker noch das Doppelte vom Wasser entfernt und deswegen bleibt uns nach einem kurzen Stopp nichts übrig, als uns auf den Rückweg um den Vulkan herum zu machen.

Den Abzweig zu unserem 'Weg' durch die Macchia finden wir relativ problemlos. Bevor wir uns aber wieder in den Kampf mit den Zistrosen stürzen, machen wir erst mal Brotzeit. In unseren Anstrengungen uns durch die wild gewordenen Natur zu wühlen, haben wir den Mittag völlig verpasst. Es ist schon nach 14.00h. Das Wetter nimmt den Zeitpunkt, wo wir uns auf 2 Steinen nieder lassen zum Anlass, in fröhliches Nieseln über zu gehen.

Rückweg

Es ist warm, es ist bequem. Warum sollten uns da ein paar Regentropfen stören? Wir lassen es regnen und machen uns auf den Rückweg. Nachdem wir die Zistrosen verlassen haben, versuche ich endlich, meine Hose wieder in einen halbwegs präsentablen Zustand zu versetzen. Nicht ganz leicht, denn jedes Zistrosenblatt will einzeln abgezupft werden. Dass sich der Ralle dabei köstlich amüsiert, macht die Sache nicht besser. Immerhin zupft er mir freiwillig die Kehrseite blank :-)

In Porto di Levante statten wir als erstes dem Schlammbad einen Besuch ab. Davon hält uns auch nicht der frische Wind und der anhaltende Nieselregen ab. Das letzte Schlammbad war einfach zu schön - trotz des strengen Geruchs. Diesmal ist das Bad viel leerer und ich erwische eine ganz besonders warme Quelle im Meer. Schööön!

Am Hafen wärmen wir uns mit einem Capuccino auf, bevor wir mit der letzten Fähre nach Lipari zurück fahren. Wie beim letzten Mal hilft auch ausgiebig Duschen nicht wirklich gegen den Schwefelgeruch. Vor allem an den Händen bleibt der schöne Geruch lang erhalten. Aber mehr als 2 Tage schafft er es auch da nicht, das wissen wir schon.

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