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Das Blutbad

30.01.2006

Als ich an diesem Morgen aus dem Fenster blickte, sah ich klaren Himmel, der gerade eben hell wurde. Kurze Zeit später war klar - es würde endlich ein zumindest halbwegs schöner Tag werden. 'Radio Val', das zuverlässig jeden Morgen beim Frühstück lief, meldete 'lots of sunny patches', -1 Grad in 2000 und -5 Grad in 3000 Meter Höhe. Ziemlich warm also.

Val d'Isere am Morgen
Val d'Isere am Morgen

Der Wind der letzten Tage war noch nicht ganz abgeflaut und blies uns teilweise sehr kalt ins Gesicht, als wir uns wieder auf die Solaise begaben. Trotz des kalten Windes war es oben am Col de la Madeleine wunderschön und wir genossen ein Weilchen die geniale Aussicht auf die Gegend. Insbesondere die Grande Motte sticht einem von da oben ins Auge.

Wir fuhren wieder die schöne Piste nach Le Manchet runter. Diesmal hatten es die Pistendienste geschafft, den neuen Schnee auf die Piste zu walzen, so dass wir fantastische Verhältnisse vorfanden.

Später zogen von Italien Wolken über die Solaise während in Richtung Tigne die Sonne schien. Wir wollten also wieder rüber nach Tignes, als wir aber im Tal ankamen, mussten wir feststellen, dass die Gondel auf die Bellevarde ausser Betrieb war und dass deswegen die Schlange am Sessellift immens war.

Grande Motte in der Sonne
Grande Motte in der Sonne

Wir hatten keine Lust auf Warten und fuhren zurück auf die Solaise und dann mit dem lustigen 'Über die Kante'-Lift Richtung Col de Iseran. Ein Blick auf den Gletscher überzeugte uns, dass wir da nicht wirklich hin wollten. Wir fuhren nach Le Fornet ab, zwei mal gleich, weil es gar so schön war. Beim zweiten Mal nahmen wir die Waldabfahrt.

Nebel am Pissaillard-Gletscher
Nebel am Pissaillard-Gletscher

Der Gletscher sah noch immer eisig und neblig und kalt aus, so dass wir zurück zur Solaise fuhren. Die Wolken drängten immer heftiger über die Kämme, so dass die Sicht immer schlechter wurde. Drüben auf der Bellevarde war noch Sonne, doch als wir dort ankamen, hatte sie auch dort weichen müssen. Stattdessen frischte der Wind auf und es begann wieder leicht zu schneien. 15:30h, Zeit zum Aufhören für heute befanden wir, und fuhren ab ins Hotel.

Wolken hier, Sonne drüben
Wolken hier, Sonne drüben

Erst gab's Bier in der Bar, dann Entspannung in der Sauna. Vor dem Abendessen wollten wir dann noch ein wenig Skipflege betreiben. Waxen vor allem, aber eventuell auch die Kanten nachschleifen. Die Kanten von Ralles Skiern waren tatsächlich schon stellenweise schartig, so dass Nachschleifen tatsächlich sinnvoll war. Die Kanten von meinen Skiern sind härter und waren noch ziemlich scharf, aber wo der Ralle schon mal dabei war ...

*zack* Ich sah gar nicht was passierte, doch plötzlich sauste der Ralle fluchend mit einem Finger im Mund durch den Skiraum. Es dauerte nicht lang, da tropfte Blut von seiner linken Hand auf den Boden. Er hatte sich an der Kante meines Skis fast die gesamte Kuppe des Zeigefingers abgeschitten, eine klaffende Wunde, die sehr stark blutete. Das musste genäht werden!

Wir gingen zur Rezeption, um zu fragen, wo der nächste Arzt sei. Die Mädels telefonierten und meinten, in 20 Minuten käme der Arzt, wir sollten warten. Wir bekamen Desinfekionsmittel und Tücher, in die Ralle seinen Finger wickeln konnte. Die Blutung liess nur langsam nach und vor der Rezeption sah es aus, als sei jemand geschlachtet worden. Gut, dass das Hotel einen Steinboden hat.

Kurz drauf kam eines der Rezeptionsmädel zu uns und sagte, der Doc sei nicht da, sie hätte jetzt die Feuerwehr gerufen, die würden sich auch mit sowas auskennen. Es dauerte auch nicht lang, dann fuhr ein Sanka der Feuerwehr mit Blaulicht vorm Hotel vor und 4 Feuerwehrmänner stürzten durch die Lobby. Nachdem sie Ralles Finger begutachtet hatten, telefonierte einer und die anderen erklärten uns, das müsse genäht werden, nähen dürften sie aber nicht, unter ihnen sei kein Arzt.

Wir durften in den noch immer blaulichtenden Sanka steigen und wurden zum Medical Centre gefahren (ein Fussweg von 500 Metern, stellten wir hinterher fest). Das Centre war voll mit Leuten, die irgendwas an den Beinen oder Füssen hatten. Die wurden alle von den Schwestern versorgt, für Ralles Schnittwunde war ein Arzt gerufen worden.

Der Doc war sehr jung. Er schaute sich den Finger an und zeigte gleich seinen Zeigefinger, der oben ebenfalls schon mal genäht worden war. Ralles Finger wurde vorsichtig ausgewickelt und erst mal in Desinfektionsmittel eingeweicht, dann gesäubert. Der Ralle musste den Arm einen Weile lang hochhalten, dann wurde der Oberarm abgebunden. Der Doc betrachtete die Wunde lange und gründlich und spritzte dann das Betäubungsmittel. Ob ich wirklich zuschauen wolle, fragte er. Selbstverständlich!

Der Doc machte 3 winzige Stiche an der Fingerspitze, an den Seiten liess er die Wunde offen. Die 3 Stiche waren sichtlich schwierig anzubringen, weil er so knapp an den Wundrändern sehr schwer durchkam. Dem Ralle sah man deutlich an, dass die Betäubung nicht allzu wirksam war. Als der Doc fertig war, fixierte er noch so eine Art klebende Klammern um den Finger, um auch die nicht genähten Seiten der Wunde zu fixieren und packte das Ganze dann gründlich ein.

Die bürokratische Seite der Aktion war harmlos, die einzige Schwierigkeit war Ralles Name, der für Franzosen weder lesbar noch ausprechbar ist, so dass der Doc auf den 5 Formularen jeweils einzeln Buchstaben abmalen musste. Die Spass kostete 150 Euro und wir bekamen ein Formular, mit dem wir das bei der Krankenkasse einreichen können. Das wird sicher lustig.

Im Hotel musste der Ralle allen Beteiligten den Finger zeigen und wurde jeweils ordentlich bemitleidet. Dann gingen wir zum Abendessen, das passenderweise genau heute eher schlecht war. Bier an der Bar rundete den Tag ab. Ob er denn überhaupt Alkohol trinken dürfe, fragte die lustige Barfrau. Klar, meinte der Ralle, ich hab ja keine Medikamente genommen. 'Brave warrior!' meinte sie.

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